fahrender Zug
Bettina Bernhard , Marketing Managerin
Bettina Bernhard

Kommerzielle ERP-Systeme vs. bahnspezifische ERP-Systeme

Beitrag vom 13. März 2023
Welches System ist das Richtige für Ihr Unternehmen?

Der Digitalisierungszug rollt bereits unaufhaltsam und nimmt immer weiter Fahrt auf. Einige Unternehmen sind in ihrer Digitalisierungsoffensive bereits weit fortgeschritten, andere stehen noch eher am Anfang. Für diese Unternehmen ist es, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, wichtig, auf den Zug aufzuspringen, bevor es zu spät ist. Großes Potenzial im Bereich Digitalisierung liegt auch in der Bahnindustrie – deshalb gibt es auch hier immer mehr Start-ups, die sich dem Thema widmen und Unternehmen bei ihrem Digitalisierungsvorhaben unterstützen.

Legt man sein Augenmerkt in Richtung bahnspezifischer Prozesse, lautet die umstrittene Frage oftmals, welches System von Verkehrsbetrieben für die Digitalisierung dieser Prozesse genutzt werden soll. Jedes Unternehmen wünscht sich natürlich die eierlegende Wollmilchsau, doch sehen wir der Tatsache ins Auge, solche Systeme gibt es noch nicht – und dabei liegt die Betonung wohlgemerkt auf „noch“. In den meisten Fällen beläuft sich die Fragestellung dabei aber nicht auf konkrete Systeme, sondern beginnt bei der Frage, ob ein kommerzielles ERP-System die Anforderungen der Industriespezifika abdeckt, oder doch auf ein branchenspezifisches ERP-System gesetzt werden sollte.

In der RailVoice Ausgabe von Februar 2023 hat sich Prozessdigitalisierungsexperte & Consultant Helmut Hohenbichler genau diesem Thema gewidmet und ist der Frage „Worin unterscheiden sich bahnspezifische Instandhaltungsmanagementsysteme und kommerzielle ERP-Systeme?“ nachgegangen. In diesem Beitrag fassen wir die wichtigsten Aspekte für Sie zusammen.

 

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Die Kernfunktionalitäten kommerzieller ERP-Systeme liegen im ökonomischen Kontext

Bei einem kommerziellen ERP-System stehen – wie die Bezeichnung schon bekannt gibt – sehr kommerzielle betriebswirtschaftliche Aspekte im Vordergrund. Dabei können Fragen wie beispielsweise „Wie gehen wir mit finanziellen und personellen Ressourcen um?“ geklärt werden.
Ein kommerzielles ERP-System bildet kommerzielle und betriebliche Supportprozesse ab. Darunter verstehen sich Finanzwesen, Mittelbereitstellung, Controlling, HR-Bereitstellung, Material Management, usw. – Supportprozesse, die es in jedem Unternehmen in einer gewissen Ausprägung gibt. Die Bahnindustrie hat jedoch, wie jede andere Branche auch, spezifische Prozesse, die sich nicht durch eine branchenübergreifende Standardlösung abdecken lassen.

„Kernprozesse im Bahngeschäft sind in einem branchenspezifischen System abzubilden.“

Primär geht es im Eisenbahnsystem um einen sicheren Bahnbetrieb. Natürlich haben auch die Produktivität und kontinuierliche kommerzielle Optimierung ihren Stellenwert. So ist es für die Unternehmen wichtig, das Betriebsrisiko zu verringern und Rechtssicherheit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang gibt es Gesetze, Regelungen und Vorgaben, die die Unternehmen einhalten müssen (TSI, EN, …).
Neben diesen Herausforderungen gibt es aber noch weitere bahnspezifische Gegebenheiten, die durch Digitalisierungsmaßnahmen bewältigt werden müssen. Dazu zählen:

  • Einbinden und verwalten von Massendaten, die über IoT-Geräte eingehen.
  • Automatisierte Verarbeitung von technischen Daten (Business-to-Business Informationen) – im Cargo-Bereich inkludiert das beispielsweise die automatische Beauftragung via VPI, AVV,…
  • Verwaltung von Telemetriedaten (TSI) der Fahrzeuge, mit dem Ziel, möglichst früh Systemausfälle zu erkennen.
  • Kontinuierliche und rasche Weiterentwickelung des ERP-Systems, wenn es beispielsweise zu Gesetzesänderungen, oder auch zu Änderungen der technischen Anforderungen kommt. Im Rahmen des Modifikationsmanagements geht es darum, Fahrzeuge und Komponenten weiterzuentwickeln. Schließlich möchte man verlässlich den Konfigurationsstand der Fahrzeuge kennen.
  • Unterstützung des Zertifizierungsprozesses der ERA.
  • Schnelle Adaptierungen und Änderungen müssen möglich sein, da bei sicherheitskritischen Themen rasch reagiert und nachvollziehbar dokumentiert werden muss.

Die Entwicklung eines bahnspezifischen ERP-Systems erfordert ein hohes Skill-Level – und das beginnt schon bei der Erstellung der Spezifikationen. Neben tiefgreifendem IT-Know-how gepaart mit Data-Science-Expertise sind umfangreiche und tiefe Kenntnisse des „System Bahn“, sowie das damit verbundene Domänenwissen eine obligatorische Voraussetzung, um diese Herausforderungen zu meistern. Vor allem ist diese Kompetenz über den gesamten Lebenszyklus des Systems zu gewährleisten, denn auch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Wartung erfordert diese umfangreichen Fähigkeiten.

Unternehmen im System Bahn sollten das Thema der Eisenbahnsicherheit immer in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellen. Sollte etwas im laufenden Betrieb passieren – und es passieren nun mal Dinge – dann müssen Verfahren und Prozesse vollständig und lückenlos abgebildet sein, um die Ursache identifizieren zu können.

Als Abschluss seines Vortrags präsentierte Herr Hohenbichler einen Fragenkatalog, der Ihnen als Guideline dienen kann, um zu entscheiden, ob es für Ihre Zwecke sinnvoll ist, ein kommerzielles ERP-System auf bahnspezifische Prozesse anzupassen. Sein Tipp: Wenn Sie mindestens 5 Fragen mit „ja“ beantworten können, dann ist die Entwicklung legitim, sollte dies aber nicht der Fall sein, dann wäre ein weitgehend standardisiertes bahnspezifisches ERP-System empfehlenswert.

  1. Liegt Ihre Kernkompetenz in der Entwicklung von kommerziellen ERP IT-Systemen?
  2. Ist es Ihr Unternehmenszweck Eisenbahnsysteme zu entwickeln?
  3. Besitzen Sie ausreichend Ressourcen, um die gesamten Anforderungen an eine solche Lösung zu erfassen?
  4. Haben Sie entsprechende Ressourcen, um große Eisenbahn-IT-Projekte umzusetzen?
  5. Stehen Ihnen ausreichend Ressourcen zur Verfügung, um das System im Laufe der Zeit zu warten und zu aktualisieren, um es so am Laufen zu halten?
  6. Haben Sie entsprechende Beweise dafür, dass Sie daraus einen USP am Markt erreichen – sprich, dass Sie nur mit Ihrer Lösung eine entsprechende Marktposition erreichen können?
  7. Verfügen Sie über die Entscheidungskompetenz, um die Prioritäten so zu setzen, wie Sie sie in Ihrer Lösung benötigen?
  8. Haben Sie ausreichend Zeit, Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen, um die Rechtssicherheiten im ERP-System zu gewährleisten?
  9. Haben Sie eine entsprechend gültige Update-Strategie, um die individuellen und kundenspezifischen Lösungen entlang der Zeit umsetzen zu können? Das heißt auch technologisch.
  10. Ist Ihre Organisation stabil genug, um dies auf Dauer zu gewährleisten?

Wir hoffen, dass dieser Artikel Ihnen relevante Ansichten vermittelt hat, die Sie bei Ihrer Entscheidung für ein IT-System unterstützen werden. Alle Argumente von Herrn Hohenbichler zu diesem Thema können Sie sich in der Aufzeichnung des Webinars anhören. Die Aufzeichnung können Sie über railvoice@boomsoftware.com anfordern.
Herr Hohenbichler steht auch für ein individuelles Beratungsgespräch zur Verfügung. Sie können ihm gerne eine Nachricht an railexperts@boomsoftware.com schicken.

 

Seien Sie beim nächsten RailVoice-Webinar dabei, wenn sich unterschiedliche Experten zum Thema Entity in Charge of Maintenance austauschen und darüber diskutieren, wie die Digitalisierung Unternehmen bei der Einhaltung unterstützen kann. Die Einladung hierzu erhalten Sie rechtzeitig.
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